Burn-on statt Burn-out: Wenn Funktionieren zur Gefahr wird
- LangnerAndreas
- 1. Aug.
- 2 Min. Lesezeit
Ein stilles Phänomen mit großer Wirkung
"Ich funktioniere – aber ich bin leer." Diesen Satz höre ich in meiner Arbeit als Coach und Trainer immer häufiger. Er kommt von Menschen, die nach außen souverän wirken, Leistung bringen und Verantwortung tragen. Doch innerlich sind sie erschöpft, entkoppelt, ausgelaugt. Sie befinden sich im Zustand des sogenannten Burn-on.
Im Gegensatz zum bekannten Burn-out, bei dem Betroffene oftmals nicht mehr leistungsfähig sind, beschreibt Burn-on einen chronischen Erschöpfungszustand bei gleichbleibender Funktionsfähigkeit. Menschen mit Burn-on fühlen sich innerlich leer, körperlich angespannt und emotional distanziert, während sie weiterhin ihre Aufgaben erledigen. Gerade deshalb bleibt Burn-on so oft unerkannt.
Nicht nur, aber gerade bei Führungskräften zeigt sich Burn-on oft auf besonders subtile Weise. Sie wirken nach außen weiterhin kontrolliert, lösungsorientiert und präsent. Doch intern häufen sich folgende Signale: eine zunehmende emotionale Distanz zum Team, Entscheidungsunlust trotz Verantwortungsbewusstsein, gesteigerter Perfektionismus oder auch der Rückzug aus sozialen Situationen, die früher Kraft gegeben haben. Auffällig ist auch, dass diese Führungskräfte Pausen oder Auszeiten kaum zulassen, oft mit der Begründung: "Ich kann jetzt nicht ausfallen. Ich muss funktionieren."

Was ist Burn-on genau?
Der Begriff "Burn-on" ist noch nicht medizinisch klassifiziert, findet jedoch zunehmende Aufmerksamkeit in Forschung und Praxis. Er steht für einen Zustand zwischen anhaltendem Stress und Burn-out. Menschen im Burn-on-Zustand befinden sich dauerhaft im Überlebensmodus: Sie funktionieren, anstatt wirklich zu leben.
Typische Anzeichen können sein:
Antriebslosigkeit trotz hoher Leistungsanforderung
Verlust von Lebensfreude und Begeisterung
Erholungsunfähigkeit trotz Pausen oder Urlaub
Emotionale Abflachung
Innerer Rückzug
Zunehmender Zynismus gegenüber Aufgaben oder Kollegen
Warum ist Burn-on so tückisch?
Weil es in vielen Fällen nicht auffällt. Die betroffene Person erscheint weiterhin zuverlässig, aktiv und engagiert. Burn-on wird deshalb häufig mit Pflichtbewusstsein, Perfektionismus und Verantwortungsgefühl überdeckt. Der Preis: Die Erschöpfung wird immer größer, bis der eigentliche Burn-out eintritt.
Zahlen, die zum Nachdenken anregen
Laut der American Psychological Association (APA) fühlen sich über 60 % der Berufstätigen dauerhaft gestresst. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Stress als eine der größten Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts. Dennoch wird psychische Erschöpfung oft erst dann ernst genommen, wenn die Leistung messbar einbricht.
Quellen:
American Psychological Association (APA): Stress in America Survey
WHO: Mental Health in the Workplace, 2024
Was hilft gegen Burn-on?
1. Wahrnehmung schärfenDer erste Schritt ist Selbstreflexion: Wie geht es mir wirklich? Was fühlt sich leer an? Welche Routinen geben Kraft, welche entziehen sie?
2. Micro-Recovery einbauenMehrmals täglich kleine Pausen ohne Bildschirm: Atmen, Bewegung, Licht, Natur. Nicht viel Zeit, aber bewusste Erholung.
3. Stress-Audits im TeamWelche Aufgaben bringen echten Nutzen? Welche können reduziert oder delegiert werden?
4. Grenzrituale etablierenDen Arbeitstag klar beenden. Raus aus dem "Ich bin immer erreichbar"-Modus. Grenzen schaffen Erholungsspielräume.
5. Coaching als Klärungsraum nutzenEin qualifiziertes Coaching bietet Raum zur Reflexion und Neujustierung. Es hilft dabei, eigene Muster zu erkennen, Ressourcen zu reaktivieren und gesunde Selbstführung zu entwickeln.
Fazit
Burn-on ist kein individuelles Versagen. Es ist ein systemisches Phänomen, das unsere moderne Arbeitskultur immer stärker betrifft. Wer rechtzeitig hinsieht, kann gegensteuern. Wer früh erkennt, kann gesund bleiben.
Wenn du das Gefühl hast, dauerhaft nur noch zu funktionieren, nimm dir Zeit. Für dich. Für ein Gespräch. Für einen bewussten Richtungswechsel.
Du möchtest mehr erfahren oder Burn-on im Team früher erkennen?Ich unterstütze dich gern mit Impulsen, Workshops oder Einzel-Coachings.
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