Kennst du das Gefühl, dass du in manchen Situationen aufblühst und in anderen eher gehemmt bist? Oftmals liegt das nicht nur an dir selbst, sondern auch an den Menschen, mit denen du dich umgibst. Denn unser soziales Umfeld hat einen immensen Einfluss darauf, wie wir unser Potenzial entfalten können.
Der Mensch ist ein soziales Wesen. Wir lernen, wachsen und entwickeln uns in Interaktion mit anderen. Dabei spielen die Menschen, mit denen wir uns umgeben, eine entscheidende Rolle. Sie prägen unsere Denkweise, unsere Einstellungen und unser Verhalten – oft unbewusst. Werfen wir kurz den Scheinwerfer auf einige Beispiele, die dies verdeutlichen:
Kindheit und frühe Prägungen: Denken wir an die Kindheit: Kinder lernen durch Nachahmung und Interaktion mit ihren Eltern, Geschwistern und Spielkameraden. Sie übernehmen Verhaltensweisen, entwickeln ihre Sprache und formen ihre Persönlichkeit im sozialen Umfeld.
Arbeitsplatz und Teamdynamik: Im Berufsleben beeinflusst die Zusammenarbeit im Team maßgeblich unseren Erfolg und unser Wohlbefinden. Positive Beziehungen zu Kollegen fördern die Motivation und Kreativität, während Konflikte und negative Dynamiken Stress und Demotivation verursachen können.
Mentoring und Coaching: Mentoring-Programme und Coachings basieren auf der Kraft der sozialen Interaktion. Durch den Austausch mit erfahrenen Mentoren oder Coaches erhalten wir wertvolle Perspektiven, Feedback und Unterstützung für unsere persönliche und berufliche Entwicklung.
Kultureller Einfluss: Auch der Kulturkreis, in der wir aufwachsen, prägt unsere Werte, Normen und Überzeugungen. Durch den Kontakt mit Menschen aus anderen Kulturen erweitern wir unseren Horizont und lernen neue Perspektiven kennen.
Soziale Medien: Ebenso spielen in der digitalen Welt soziale Interaktionen eine große Rolle. Der Austausch in sozialen Medien kann uns verbinden, informieren und inspirieren, birgt aber auch, wie wir wissen, Risiken wie Cybermobbing oder den Vergleich mit unrealistischen Idealbildern.

Die Psychologie liefert uns einige Erklärungen dafür, warum uns unser soziales Umfeld so stark beeinflusst
Ist dir schon mal aufgefallen, wenn du von motivierten Menschen umgeben bist und plötzlich selbst voller Tatendrang bist? Oder wenn du dich nach dem Gespräch mit einer inspirierenden Person voller neuer Ideen fühlst? Das ist kein Zufall, sondern die Macht der sozialen Interaktion, die sich in verschiedenen psychologischen Theorien widerspiegelt.
Albert Bandura zeigte mit seiner sozialen Lerntheorie, dass wir durch Beobachtung und Nachahmung lernen. Wir schauen uns das Verhalten anderer ab, besonders von Menschen, die wir bewundern oder als erfolgreich wahrnehmen. Stell dir vor, du beginnst mit dem Joggen. Wenn du dich mit erfahrenen Läufern umgibst, wirst du nicht nur ihre Technik beobachten, sondern auch ihre Motivation und Disziplin. Dadurch wirst du eher motiviert sein, dranzubleiben und deine eigenen Ziele zu erreichen.
Leon Festinger erweiterte dieses Konzept mit der Theorie der sozialen Vergleiche. Wir vergleichen uns ständig mit anderen, um uns selbst besser einzuschätzen. Diese Vergleiche können uns sowohl motivieren als auch demotivieren. Entscheidend ist, mit wem wir uns vergleichen. Vergleichen wir uns mit Menschen, die uns inspirieren und herausfordern (sogenannte Aufwärtsvergleiche), kann uns das zu Höchstleistungen anspornen. Ein Beispiel: Du möchtest dich beruflich weiterentwickeln und umgibst dich mit Menschen, die in ihrem Job erfolgreich sind. Durch den Austausch mit ihnen bekommst du Einblicke in ihre Strategien und kannst dich selbst besser positionieren.
Diese sozialen Interaktionen wirken sich direkt auf unser Selbstbild aus. Die Menschen, mit denen wir uns umgeben, spiegeln uns wider, wer wir sind und was wir können. Positive Beziehungen stärken unser Selbstvertrauen und unseren Selbstwert. Wenn uns Menschen in unserem Umfeld bestärken und an uns glauben, fällt es uns leichter, unser eigenes Potenzial zu entfalten. Umgekehrt können negative Beziehungen unser Selbstbild negativ beeinflussen und uns in unserer Entwicklung hemmen.
Die „Fünf-Personen-Regel“: Eine Faustregel mit Bedeutung - sie besagt, dass wir der Durchschnitt der fünf Menschen sind, mit denen wir die meiste Zeit verbringen. Diese Regel verdeutlicht, wie stark uns unser engstes Umfeld beeinflusst. Es geht dabei nicht nur um direkte Kontakte, sondern auch um indirekte Einflüsse, beispielsweise durch soziale Medien oder gemeinsame Bekannte.
Die soziale Lerntheorie und die Theorie der sozialen Vergleiche zeigen uns, wie wichtig unser soziales Umfeld für unsere Entwicklung ist. Aber wie können wir diese Erkenntnisse konkret in unserem Leben anwenden? Eine hilfreiche Übung ist die Bestandsaufnahme unseres sozialen Netzwerks:

Übung: Mein soziales Netzwerk – Eine Bestandsaufnahme
Ziel: Diese Übung hilft dir, dir über den Einfluss deines sozialen Umfelds bewusst zu werden und zu erkennen, welche Personen dich in welchen Bereichen deines Lebens prägen.
Materialien:
Ein Blatt Papier oder ein digitales Dokument / Stifte oder ein digitales Schreibprogramm
Anleitung:
Die zwei Kreise: Zeichne zwei große Kreise auf dein Papier. Beschrifte den einen Kreis mit "Persönliches Umfeld" und den anderen mit "Berufliches Umfeld".
Die wichtigsten Personen: Überlege dir nun, welche Personen in jedem dieser Bereiche eine wichtige Rolle in deinem Leben spielen. Schreibe die Namen dieser Personen in den jeweiligen Kreis. Denke dabei an:
Persönliches Umfeld: Familie, Freunde, Partner, Bekannte, Mentoren, etc.
Berufliches Umfeld: Kollegen, Vorgesetzte, Kunden, Geschäftspartner, Mentoren, Netzwerkkontakte, etc.
Die Verbindungen: Ziehe nun Linien zwischen dir (schreibe deinen Namen in die Mitte des Papiers) und den Personen in den Kreisen. Die Dicke der Linie soll die Stärke der Beziehung widerspiegeln:
Dicke Linie: Sehr enge und wichtige Beziehung
Mittlere Linie: Wichtige Beziehung
Dünne Linie: Weniger enge, aber dennoch relevante Beziehung
Die Einflüsse: Notiere dir nun neben jede Person in den Kreisen Stichworte, die beschreiben, welchen Einfluss diese Person auf dich hat. Denke dabei an:
Unterstützung: Wer unterstützt dich in schwierigen Zeiten? Wer ermutigt dich?
Inspiration: Wer inspiriert dich? Wer motiviert dich?
Herausforderung: Wer fordert dich heraus? Wer bringt dich dazu, über dich hinauszuwachsen?
Werte/Überzeugungen: Wer teilt ähnliche Werte und Überzeugungen wie du?
Wissen/Kompetenzen: Von wem kannst du etwas lernen? Wer verfügt über Wissen oder Kompetenzen, die für dich relevant sind?
Negative Einflüsse (Sei ehrlich zu dir selbst): Gibt es Personen, die dich eher demotivieren, stressen oder negativ beeinflussen?
Reflexion: Betrachte nun dein entstandenes Netzwerk. Reflektiere folgende Fragen:
Welche Personen haben den größten Einfluss auf dich?
Gibt es Bereiche in deinem Leben, in denen du dir mehr Unterstützung oder Inspiration wünschst?
Gibt es Personen, deren Einfluss du reduzieren möchtest?
Wie kannst du deine Beziehungen bewusster gestalten und pflegen?
Entspricht dein soziales Netzwerk deinen Zielen und Wünschen?
Nachdem du diese Übung durchgeführt hast, wirst du ein besseres Verständnis dafür haben, wer dich in deinem Leben beeinflusst und wie du deine Beziehungen bewusster gestalten kannst. Denke daran: Du bist der Durchschnitt der fünf Menschen, mit denen du die meiste Zeit verbringst. Wähle dein Umfeld weise.
Wie du dein soziales Umfeld bewusst (um)gestaltest
Was kannst du also tun, um dein soziales Umfeld bewusst so zu gestalten, dass es dich optimal unterstützt?
Reflektiere dein aktuelles Umfeld: Nimm dir Zeit, um über deine aktuellen Beziehungen nachzudenken. Wer tut dir gut? Wer zieht dich eher runter?
Suche die Nähe zu inspirierenden Menschen: Umgib dich mit Menschen, die dich motivieren, dich herausfordern und dich positiv beeinflussen. Suche dir Mentoren, Vorbilder oder Gleichgesinnte, die ähnliche Ziele verfolgen wie du.
Setze Grenzen: Es ist wichtig, sich von negativen oder toxischen Beziehungen abzugrenzen. Das bedeutet nicht, dass du den Kontakt komplett abbrechen musst, aber du solltest den Umgang bewusst reduzieren und dich vor negativen Einflüssen schützen.
Sei selbst ein positiver Einfluss: Biete anderen deine Unterstützung an, gib konstruktives Feedback und sei ein Vorbild.
Fazit: Die bewusste Gestaltung deines sozialen Umfelds ist ein wichtiger Schlüssel zur Entfaltung deines Potenzials.
Es ist wichtig zu verstehen, dass wir nicht passiv den Einflüssen unseres Umfelds ausgeliefert sind. Wir können es bewusst gestalten und so die Weichen für unsere persönliche Entwicklung stellen. Indem wir uns mit inspirierenden und unterstützenden Menschen umgeben, schaffen wir die besten Voraussetzungen, um unser volles Potenzial auszuschöpfen.
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